An alle Schatzmeister und Vorstände unserer Gliederungen:

Reisekosten von Mitgliedern zu Parteitagen sind KEINE Ausgaben für allgemeine politische Arbeit. Sie sind Kosten für die Wahrnehmung der eigenen Mitgliedsrechte, die in der Regel nicht erstattungsfähig sind.

Zur steuerlichen Anerkennung von Verzichtsspenden aus solchen Reisekosten gibt es ein einschlägiges Urteil des Finanzgericht Berlin-Brandenburg vom 04.03.2014 AZ 6 K 9244/11 – insbesondere dort unter Nr. 35:

„Denn Aufwendungen, die (auch) im eigenen Interesse des Zuwendenden getätigt werden, fehlt das für den Spendenabzug zwingend erforderliche Element der Uneigennützigkeit.“

Da wir kein Delegiertensystem haben, dienen Besuche auf Parteitagen – sofern man nicht für eine notwendige Tätigkeit dort explizit beauftragt ist – ausschließlich der Wahrung der eigenen Mitgliedsrechte.

Beschlüsse eines Kreisvorstands wie “Reisekosten zum LPT (oder BPT) übernimmt der Kreisverband” oder selbst eine Beauftragung von Personen, an einem LPT/BPT ohne besondere, explizit aufgeführte Tätigkeit teilzunehmen, sind nicht zulässig. Die Übernahme der Reisekosten ist nicht zulässig. Der zuständige Schatzmeister, der ggf. hierfür auch eine Spendenbescheinigung ausstellt, bzw. der Gesamtvorstand haftet persönlich für die Steuer, die dem Fiskus durch einen etwaigen Abzug der Zuwendung beim Zuwendenden entsteht (§34g Satz 3, § 10b Abs. 4 EStG, § 9 Abs. 3 KStG, § 9 Nr. 5 GewStG).

So löblich die Idee ist, auf diese Weise über Verzichtsspenden für die Partei weitere Einnahmen zu generieren: leider ist dies nicht möglich. Und weder Unwissenheit noch “gut gemeint” schützen vor Strafe: Die Partei hat wegen unrichtiger Spendenbuchungen mit einer Sanktionierung durch die Bundestagsverwaltung i.H.v. dem 2-fachen der unrichtig vereinnahmten Spenden zu rechnen!

Zulässige Ausgaben für Gliederungen definiert das Parteiengesetz § 24:
(5) Die Ausgaberechnung umfasst:
Personalausgaben,
Sachausgaben
a) des laufenden Geschäftsbetriebes,
b) für allgemeine politische Arbeit,
c) für Wahlkämpfe,
d) für die Vermögensverwaltung einschließlich sich hieraus ergebender Zinsen,
e) sonstige Zinsen,
f) sonstige Ausgaben,
Zuschüsse an Gliederungen und
Gesamtausgaben nach den Nummern 1 bis 3.

Wie oben bereits ausgeführt, fallen allgemeine Reisekostenerstattungsbeschlüsse zu LPT/BPT nicht darunter. Auch die Verköstigung der Parteimitglieder z.B. auf Sommerfesten, Bowlingbahnen oder sonstige Spassveranstaltungen gelten nicht als allgemeine politische Arbeit.

Vorstände und Schatzmeister von Parteigliederungen haben die Aufgabe, ihre Gliederung im Einklang mit dem Parteiengesetz bzw. der aktuellen Rechtsprechung zu führen. Auch wenn wir verschiedene recht kleine Kreisverbände haben, bitte seid euch bewusst:

Ein Vorstands- oder Schatzmeisteramt ist kein Kasperletheater. Es gibt gewisse Pflichten und Haftungen und besondere Auflagen für Parteien, die sich zumindest teilweise (über die Parteienfinanzierung) aus Steuergeldern finanzieren. In der Bundessatzung sind auch Termine für die Erstellung der Rechenschaftsberichte angegeben, die einzuhalten sind.

Geht bitte vorbildlich, satzungsgemäß, dem PartG entsprechend und der aktuellen Rechtsprechung gemäß mit den Euch anvertrauten Mitteln um. Ähnliches gilt analog für andere Belange, z.B. des Datenschutzes. Bei Fragen stehen Euch der Landesvorstand und die Bundesverwaltungsmailingliste oder andere zuständige Beauftragte zur Verfügung.

Für Kreisschatzmeister empfehlen wir die Lektüre von https://schatzmeisterteamnrw.piratenpad.de/SchatzmeisterHOWTO

Euer NRW-Vorstand

P.S.: Danke an @piratenschlumpf und an den Bundesschatzmeister Stefan Bartels für die Anregung & Infos.

3 Kommentare

  1. 2

    Aloha,

    ich gehe davon aus, dass in den letzten Jahren bereits Mitglieder von KVs mit der Teilnahme an einem BPT/LPT beauftragt wurden. Wahrscheinlich sind hieraus bereits auch Aufwandsverzichtspenden angefallenen. Wir legen ja zudem nicht den ersten Rechenschaftsbericht vor. Aus meiner Sicht wäre also nicht die Frage interessant, ob mit einer „Sanktionierung durch die Bundestagsverwaltung i.H.v. dem 2-fachen der unrichtig vereinnahmten Spenden zu rechnen“ wäre, sondern in welcher Höhe hierfür bereits Abzüge in den Vorjahren jeweils vorgenommen wurden. Wenn überhaupt.

    Daneben führt das zitierte Urteil des FG Berlin-Brandenburg als Gründe an, dass

    1. die Summe der Aufwandsverzichtspenden das Budget des Vereins überschritten habe

    2. ein Vorstandsbeschluss nicht hinreichend genau die abrechnungsberechtigte Personengruppe spezifiziert habe

    3. dieser Vorstandsbeschluss den Mitgliedern nicht öffentlich bekannt gemacht wurde

    Im Umkehrschluss wären daher nachvollziehbar veröffentlichte Vorstandsbeschlüsse mit konkreter Beauftragung bestimmter Mitglieder im Rahmen eines vorhandenen Budgets für die Umsetzung zulässig.

    Aufträge an die Teilnehmer könnten dabei Berichte zu konkreten Themengebieten, Trendanalysen oder Möglichkeiten zur Vernetzung zwecks Stärkung der regionalen politischen Arbeit sein.

    Und natürlich gibt es ebenfalls in PartG § 24 (5), Abs. f) sonstige Ausgaben

    Gruss
    Wolf

    PS
    Farben und Größe dieses Kommentarfelds deuten eher auf eine Kommentarverhinderungsfunktion hin. Vielleich gelegentlich mal etwa nutzerfreundlicher gestalten 🙂

  2. 3

    @de_Wastl: Gerade das können wir nicht verwenden, da dort explizit auf Funktionsträger (Delegierte) hingewiesen wird, die Reisekosten abrechnen können – also Mitglieder eben nicht.

    Insofern gilt weiterhin in Anwendung des hier zitierten Urteils des FG Berlin-Brandenburg, dass Reisekostenabrechnungen dann zulässig sind, wenn Ziel und Zweck der Reise vorher mittels Vorstandsbeschluss festgelegt wurde, das den beauftragten Personen bekannt gemacht wurde und das Budget für die Reise vorhanden ist. Hinsichtlich der Themen verweise ich auf meinen älteren Post, buchhalterisch handelt es sich um sonstige Ausgaben nach PartG § 24 (5), Abs. f)
    Gruss
    Wolf

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